Kräutertherapie (Phytotherapie)
Die Kräutertherapie (Phytotherapie) oder Pflanzenheilkunde gehört zu den ältesen medizinischen Therapien und ist auf allen Kontinenten und in allen Kulturen beheimatet.
Sie verwendet ausschließlich ganze Pflanzen (Kraut) und deren Teile (Blüten, Blätter, Wurzel), die auf verschiedene Weise (als Frischkraut, als Aufguss, als Dekokt (Auskochung) oder Kaltwasserauszug) zubereitet werden.
Auch die Pulverisierung und Trockenstandardisierung ist möglich.
Nahrungsmittel und Heilpflanze
Da Nahrungsmittel auch eine therapeutische Wirkung besitzen, ist der Übergang zwischen diesen und Heilpflanzen fließend.
Dies wurde insbesondere in der orientalischen Heilkunst schon früh erkannt, und dementsprechend finden sich zahlreiche Hinweise in den Medizinbüchern des Orients, etwa bei Ibn Sina. Auch die chinesische Heilkunde verwendet zum größten Teil Pflanzen und deren Bestandteile.
Pflanzen in der Medizin
Das Pflanzenreich besitzt extrem starke Gifte, die in entsprechenden Verdünnungen und teilweise als chemisch veredelte Stoffe insbesondere bei Herzbeschwerden und als Narkotika in der Schulmedizin Verwendung finden, beispielsweise der Rote Fingerhut mit seinen Herzglykosiden sowie der Schlafmohn beziehungsweise dessen Opiate.
Zu großen Teilen werden Pflanzen auch als unterstützende Therapeutika eingesetzt. Darunter fällt die Verwendung bestimmter Pflanzen, wie etwa der Mistel, in der alternativen Krebstherapie.
Eine ganze Reihe von wirksamen Medikamenten stammen aus Pflanzen oder wurden aus pflanzlichen Stoffen weiterentwickelt. Diese genau untersuchten und als reiner Stoff dargestellten Pflanzeninhaltsstoffe werden von der Schulmedizin benutzt, da ihre medizinische Wirksamkeit nachgewiesen ist.
Die meisten dieser schulmedizinisch anerkannten Stoffe sind in höherer Dosis starke Gifte, was zur allgemeinen Ansicht im Widerspruch steht, pflanzliche Mittel seien milde und gut verträglich. Zu den Pflanzeninhaltsstoffen, die als isolierte Einzelsubstanz eingesetzt werden, gehören beispielsweise Colchicin, Atropin, Digoxin, Digitoxin, Paclitaxel und Morphin.
Naturwissenschaftliche Medizin und Phytotherapie
Die naturwissenschaftliche Medizin bemüht sich oft um die Untersuchung des hauptsächlich wirksamen Bestandteiles einer Pflanze in chemisch getrennter und gereinigter Form.
Diese Nutzungsstrategie von Wirkstoffen pflanzlicher Herkunft war und ist sehr erfolgreich; sie kann Vorteile gegenüber Extrakten haben, etwa wenn auf diesem Weg Nebenwirkungen (beispielsweise durch Entfernen unerwünschter Stoffe) verringert werden können oder der Gehalt des Wirkstoffes in einem Medikament konstant gehalten werden kann.
Eventuell können die Wirkstoffe auch chemisch modifiziert und verbessert werden.Bei der reinen Phytotherapie werden dagegen oft Stoffgemische verwendet, sei es, weil der Wirkstoff bisher unbekannt ist, oder sei es, weil bekannte Präparate gut wirksam sind.
Da zumindest ein Teil der Phytotherapie eine naturwissenschaftliche Basis besitzt, tritt ein wesentlicher Dissens zwischen Vertretern der naturwissenschaftlichen Medizin und der Phytotherapie erst dann auf, wenn bei einzelnen Wirkstoffen beziehungsweise Präparaten Nachweise der Wirksamkeit fehlen beziehungsweise umstritten sind oder Nebenwirkungen unbeachtet bleiben.
Zu Auseinandersetzungen wird es auch dann kommen, wenn die Ganzheitlichkeit der Präparate das Konzept des Wirkstoffes verdrängt.